Aktuell untersucht unsere Arbeitsgruppe, Huriye Ercan und ich, molekulare Veränderungen bei Gefäßerkrankungen wie thrombotische Störungen und Demenz. Gefäßerkrankungen sind allgemein weit verbreitet. Allerdings sind bis jetzt erst wenig proteinabhängige Veränderungen dieser Zivilisationserkrankung in frühen Stadien und im weiteren Verlauf charakterisiert worden.
Wir verwenden hauptsächlich Blutplättchen, die Akteure der primären Hämostase, zur Diagnose und funktionellen Erforschung von Gefäßerkrankungen. Darüber hinaus dienen uns Blutplättchen auch als peripheres Modell für Neuronen, um systemische Veränderungen bei neurologischen Erkrankungen, wie Alzheimer-Demenz, zu untersuchen. Da Blutplättchen ein sehr leicht zugängliches Gewebe sind, eignen sie sich auch sehr gut für die Entwicklung von Bluttests in der Routinediagnose. Die Charakterisierung von Biomarkern, welche die Ursache verschiedener Gefäß- und Demenzerkrankungen direkter identifizieren, ist ein wichtiger Bestandteil für eine gezieltere Diagnose und Behandlung in der personalisierten Medizin.
Thrombozyten sind ein entscheidender Modulator bei Gefäßerkrankungen. Derzeit ist phosphoryliertes VASP (Vasodilatator-stimuliertes Phosphoprotein) eines der wenigen diagnostischen Marker zum standardisierten Nachweis des Reaktivitäts-Index von Blutplättchen. Diese Anwendung ist zum Beispiel sehr wichtig, um die richtige medikamentöse Einstellung für Blutplättchen-aggregationshemmende Therapien zu überwachen.
Unsere Technologie verwendet Zielproteine, welche stärker das Thrombozytenreaktivitätspotential über das Phosphorylierungsniveau anzeigen, wie zum Beispiel LASP1 mit einem sechsfach stärkeren Phosphorylierungslevel als VASP. Mit diesem neuen und sensitiveren Plättchen-Reaktivitätsmarker ermöglichen wir die Entwicklung von wesentlich robusteren und zuverlässigeren Bluttests zur Messung des Thrombose- als auch Blutungsrisikos.
Ein Projekt des Spezialforschungsbereichs SFB-F54: Zelluläre Mediatoren zwischen Entzündung und Thrombose in Kooperation mit Johannes Schmid und Ingrid Pabinger
Das Risiko einer venösen Thromboembolie bei Krebs ist neunmal höher als in der Allgemeinbevölkerung und die zweithäufigste Todesursache bei diesen Patient:innen. Thrombozyten spielen eine zentrale Rolle beim Krebswachstum und der Entwicklung einer krebsassoziierten Thrombose.
Die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen sind weitgehend unbekannt. Um die biochemischen Veränderungen der Blutplättchen von Krebserkrankungen mit hohem Thromboserisiko umfassend zu erkennen, untersuchen wir das Blutplättchen-Proteom von Patient:innen mit Gehirn-, Pankreas und Lungenkrebs im Vergleich zu geschlechts- und altersangepassten gesunden Kontrollen.
Ein Projekt gefördert von der Firma Randox Laboratories und EU research – Marie Curie Host Fellowships – Transfer of knowledge (TOK) – Industry-Academia Strategic Partnership Scheme – LOAD Profile (286337)
Die Alzheimer-Krankheit ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung mit einer immer höher werdenden Inzidenz in der älteren Bevölkerung. Es gibt jedoch keine routine-geeigneten diagnostischen Blut-Tests für die Alzheimer-Krankheit. Alzheimer-Patient:innen werden erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit erkannt, wenn bereits eine massive Neurodegeneration aufgetreten ist und die Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind.
Eine korrekte klinische Diagnose im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit (AD) ist unbedingt erforderlich, um in Zukunft die Möglichkeit einer rechtzeitigen Behandlung dieser neurodegenerativen Erkrankung zu haben. Daher ist es sehr wichtig, relevante diagnostische Ansatzpunkte sowie medikamentöse Behandlungs-Möglichkeiten des Gehirns auch im Blut zu identifizieren.
Das Ziel dieses Projekts ist es, demenzabhängige Proteinveränderungen in Blutplättchen für die Diagnose dieser Erkrankung im Blut identifizieren zu können. Der wichtige Aspekt unserer Hypothese ist, dass Blutplättchen als peripherer Indikator für biochemische Anomalien in den Gehirnzellen verwendet werden können. Dadurch können im Blut leicht zugängliche AD-Behandlungsziele anzeigt werden. Mit dem Hintergrund, dass in zahlreichen früheren klinischen Studien auch schon viele verschiedene phänotypische Veränderungen in Thrombozyten von AD-Patient:innen beschrieben wurden, arbeitet unsere Forschungsgruppe an einer gel-basierten Proteomanalyse zur Identifizierung von AD-abhängigen Proteinveränderungen in Thrombozyten.
Für eine statistisch aussagekräftige Analyse haben wir bis jetzt das Plättchen-Proteom von 130 Alzheimer-Patient:innen, 75 Personen mit MCI (mild cognitive impairment) und 180 alters- und geschlechtspassenden Kontrollen untersucht. Diese Proteom-Untersuchungen bestätigen, dass es sowohl einige Plättchenproteine gibt, welche signifikant mit dem kognitiven Status der Patient:innen korrelieren, als auch, dass manche dieser alzheimer-abhängigen Proteinveränderungen sehr spezifisch vom Geschlecht der Patient:innen abhängig sind.
https://doi.org/10.1016/j.jprot.2017.12.018
https://doi.org/10.1515/cclm-2017-0618
https://www.oncotarget.com/article/9773/text/
https://link.springer.com/article/10.1007/s00401-014-1341-8
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1874391912000310?via
Ein Projekt gefördert von FWF (APP31882FW; in Kooperation mit Ulrike Resch und Margarethe Geiger)
Quantitative Proteomik ist für viele Disziplinen der biologischen Forschung zu einer absolut notwendigen analytischen Methode geworden.
Neben der Proteinsynthese und dem Proteinabbau werden Änderungen von Proteinkonzentrationen und deren Funktion in einem Organismus durch mehrere Prozesse wie Phosphorylierung, Glykosylierung, proteolytische Spaltung oder kovalente Bindung an spezifische Protein-Inhibitoren (z.B. SERPINe) verursacht und reguliert. Um systembiologisch relevante Ergebnisse zu bekommen, muss eine quantitative Proteomanalyse auch diese unterschiedlichen Proteoformen detektieren können, was heute noch immer eine große Herausforderung in der Proteomik darstellt. Um all diese zellulären Regulationen auf der Proteinebene erfassen zu können, ist eine sehr genaue Quantifizierung der Proteine zusammen mit ihren „post translationalen“ Modifikationen erforderlich.
Label-free Shotgun und Fluoreszenz-2D-DIGE sind die gebräuchlichsten, aber auch sehr unterschiedliche Proteomics-Technologien für quantitative Proteom-Analysen.
Die zweidimensionale Fluoreszenzdifferenz-Gelelektrophorese (2D-DIGE) ist eine häufig verwendete „Top-Down“-Proteomik-Technik zur Untersuchung des Proteoms eines biologischen Systems, da sie die Differenzierung komplexer Proteinmischungen nach ihrem jeweiligen isoelektrischen Punkt (pI) und Molekulargewicht ermöglicht. Proteine und deren „post translationale“ Proteoformen können gleichzeitig auf einem 2D-Gel quantifiziert werden. Die Identifizierung der einzelnen Proteinspots wird mit Massenspektrometrie (MS) vorgenommen, ist aber wesentlich zeitwaufwendiger als bei der Shotgun-Analyse und damit ein wesentlicher Nachteil der 2D-Elektrophorese.
Daher wurde in den letzten Jahren die „label-free shotgun“ Massenspektrometrie in der quantitativen Proteomanalyse komplexer biologischer Proben immer beliebter. Die Hauptgründe für diesen durchschlagenden Erfolg sind die sofortige Identifizierung der Proteine, die Fähigkeit, viele Arbeitsschritte zu automatisieren, und die hohe Empfindlichkeit. Dementsprechend ist die Möglichkeit, nach jedem Analyselauf eine große Zahl von Proteinidentifikationen mit ihren quantitativen Daten zu erhalten, auch eine attraktive Option für die Analyse des globalen Signalwegs der jeweiligen biologischen Probe.
Allerdings ist für die massenspektrometrische Identifizierung des Proteingemisches üblicherweise eine Proteolyse durch Peptidasen vorgeschaltet, wobei allerdings die Information über die verschiedenen Proteoformen und deren quantitatives Verhältnis zueinander verloren geht.
In dieser Arbeit zeigen wir anhand eines praktischen Beispiels mit vergleichenden Analysen eines Zellextrakts der Prostata-Zelllinie DU145 die Vor- und Nachteile dieser beiden Proteomics-Methoden.